Köln | Der Kölner Runde Tisch, ist ein Verein und Zusammenschluss von Kirchen, Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen die in der Flüchtlings- und Antirassismus Arbeit tätig sind. Sie engagieren sich außerdem für eine sachliche, problembewusste und lösungsorientierte Diskussion über Schlussfolgerungen aus massiven sexualisierten Gewalt gegen Frauen in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof. Der Kölner Runde Tisch ist davon überzeugt, dass die Stadt und das Land schnell etwas ändern müssen: ihr Angebot zur Integration.

Wenn es bei solchen Übergriffen – zu der überwiegend jungen Migranten zugeschriebenen Kleinkriminalität kommen kann – so habe der Rechtsstaat und der Sozialstaat versagt, so die Mitglieder des Vereins. Der Rechtsstaat, weil die Polizei die Taten nicht verhindert habe. Der Sozialstaat, weil ein solches kriminelles Verhalten auch Folge einer nicht vorhandenen Integration sei.

Es sei wichtig, dass Werte gelebt und Normen vermittelt werden. Der beste Weg dafür sei die Integration durch das Bildungssystem, in den Kitas, Schulen und Berufsschulen, in der Freizeit wie auch in der Ausbildung und in der Arbeitswelt. Trotz vieler guter Beispiele und Erkenntnisse, sei das Thema in Nordrhein-Westfalen, aber vor allem in Köln, viel zu lange vernachlässigt und unterfinanziert geblieben, erklärt Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Sprecher des Kölner Runden Tischs.

Integrationsstau

„Köln hat einen Integrationsstau“, erklärt Uellenberg-van Dawen, denn momentan haben von den 12.000 Flüchtlingen die in Köln leben, noch immer 6.700 keinen Antrag auf Asyl stellen können. Diejenigen, die einen Antrag stellen konnten, müssen allerdings auch bis zum Herbst auf eine Entscheidung warten. „Es kann nicht bei dieser Geschwindigkeit bleiben. Es werden noch weitere 6.000 bis 10.000 Flüchtlinge kommen – je nach Vereinbarung –, da Köln nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz die Flüchtlingsquote noch nicht erreicht hat.“, so Uellenberg-van Dawen.

Die Konsequenten daraus, seien dann von den jungen Geflüchteten zu tragen. Denn nach dem Gesetz haben sie nach dem Erreichen ihrer Volljährigkeit, kein Recht auf das Bildungs- und Arbeitssystem in Nordrhein Westfalen (NRW). Daher fordert der Kölner Runde Tisch eine umfassende und miteinander vernetzte Integrationsoffensive. Diese müsse gut organisiert und ausreichend finanziert werden. Integration bekomme man nicht zum Nulltarif, weder für die Wirtschaft, noch für Bund, Länder und Gemeinden.

Gefordert ist das Land NRW: Aufhebung der Berufskolleg-Sperre – Rot-Grün dagegen

Die Landesregierung und der Landtag NRW sollen vor allem die Integration in den Schulen und Berufsschulen stärker fördern. Denn bis zum letzten Jahr soll es lediglich 500 Plätze in verschiedenen Förderklassen gegeben haben. Allerdings seien auch diese nun abgeschafft worden. „Was macht man mit den jungen Leuten, die nichts zu tun haben. Wir haben keine Angebote in Köln, denn auf ein Berufskolleg dürfen die jungen Leute nicht mehr“, erklärt Eckart Schubert, stellvertretender Sprecher des Runden Tischs.

Den jungen Erwachsenen werde keine Perspektive geboten und darum fordert der Runde Tisch eine Integrationsoffensive und stellt ein Programm aus dem Bundesland Bayern vor. Dies könne auch in NRW eingesetzt werden. Die Geflüchteten und Migranten sollen, genau wie in Bayern die Möglichkeit bekommen, bis zum 25. Lebensjahr, in eine internationale Förderklasse kommen. Diese Förderklassen bereiten die jungen Erwachsenen in zwei Jahren auf ihre Berufstätigkeit vor, inhaltlich als auch sprachlich. Nach diesem Antrag der CDU, soll allerdings die rot-grüne Landesregierung gegen diesen Antrag gestimmt haben. Auch Sylvia Löhrmann, Ministerin für Schule und Weiterbildung sowie stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes NRW sei gegen die Aufhebung der Berufskolleg-Sperre. Lediglich Ingrid Hack, Kölner Abgeordnete der SPD im Landtag, soll die Aufhebung begrüßt haben.

Integrationskurse waren im letzten Jahr, aufgrund des Anerkennungsjahrs für viele erst neu angekommene Flüchtlinge gesperrt. Lediglich 900 bis 990 werden ab diesem Jahr für die 5.300 Geflüchteten angeboten, die bereits ihr Bleiberecht erhalten haben.

Für den muttersprachlichen bilingualen Unterricht fordert der Runde Tisch außerdem in allen Schulformen mehr qualifizierte Lehrkräfte, um den vorhandenen Bedarf zu decken.

Gefordert ist die Stadt Köln: mehr Sozialarbeiter und Streetworker an Schulen

Der Runde Tisch fordert, dass geflüchtete Kinder und Jugendliche umgehend eingeschult und die Zahl der Seiteneinsteigerklasse nach Bedarf erweitert werden müsse. Zusätzlich sollen mindestens 50 Schulsozialarbeiter eingestellt werden, denn mit einer Ausweitung würden die Schulen alleine nicht zurecht kommen, so die Mitglieder des Vereins. „Der Wille ist da, aber hier fehlt die Finanzierung“, so Uellenberg-van Dawen. Auch die Zahl der Streetworker müsse um 18 Stellen erhöht und konzeptionell auf die Herausforderungen durch junge Migranten ausgerichtet werden

Auch die Ausländerbehörde brauche deutlich mehr Unterstützung, ergänzt Uellenberg-van Dawen.

Die Jugendämter und Familienbeauftragte müssen zusätzlich Mittel und zusätzliches Personal für die Integration junger Menschen und ihrer Familien erhalten, Jugendverbände und Jugendprojekte zur Integration junger Migranten unterstützt werden.

Im Doppelhaushalt der Stadt Köln für 2016/2017 dürfen keine Mittel für laufende Integrationsmaßnahmen gekürzt werden. Im Gegenteil: Wenn alle diese Ziele erreichen wolle, müsse das jetzige Integrationsbudget von 900.000 auf 1,3 Millionen Euro erhöht werden, erklärt Uellenberg-van Dawen.

Gefordert ist der Bund, die Unternehmen und die Gewerkschaften: mehr Bereitschaft solle gezeigt werden

Insgesamt rechne die Agentur für Arbeit mit 3.000 und das Jobcenter mit 7.000 mit Anmeldungen Geflüchteter in diesem Jahr. Die Angebote des Jobcenters und der Agentur für Arbeit die eine Verbindung von Sprachkursen und Arbeitsmarktintegration vorsehe, müssen dem Bedarf entsprechend ausgeweitet und für alle Geflüchteten und Migranten zur Verfügung stehen, so der Runde Tisch. Außerdem dürfe die Arbeitsmarktintegration nicht zu Lasten von Langzeitarbeitslosen gehen. Dafür reichen die 50 Millionen Euro für das Jobcenter Köln in diesem Jahr nicht aus. Der Bund muss die Mittel deutlich erhöhen.

Die Unternehmen in Köln und der Region, die seit Jahren über Fachkräftemangel klagen, seien nun gefordert in die Geflüchteten und Eingewanderten zu intensivieren und ihnen eine qualifizierte Ausbildung und gute Arbeit anzubieten, wie zum Beispiel die Rheinenergie. Nach einem Praktikum bekommen Geflüchtete hier die Chance auf eine mögliche Ausbildung.

Zusätzlich unterstützt der Runde Tisch ausdrücklich die Forderung der Gewerkschaften nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit, die auch für Geflüchtete in Ausbildung und Arbeit gelten müsse.

Der Kölner Runde Tisch wolle ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben für Geflüchtete und Eingewanderte in der Gesellschaft, denn nur so gelinge die Integration.

Autor: Irem Barlin
Foto: Eckart Schubert, stellvertretender Sprecher des Runden Tischs und Dr. Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Sprecher des Runden Tischs