Die Skulptur "Insides" von Marte Eknæs. Foto: Eppinger

Köln Die große betonierte Grube mitten im Skulpturenpark Köln beherbergte einst das auf eine Stele aufgespießte Autowrack von Dirk Skrebers. Bei der elften Ausgabe von “KölnSkulptur” gibt diese einen tiefen Einblick in das Innere des Menschen, aber auch in die Anatomie der ganzen Stadt. “Insides” lautet der Titel des Werks der norwegischen Künstlerin Marte Eknæs, die in Berlin lebt und arbeitet.

Das Zentrum ist ein Herz aus Beton, die Lungen werden von zwei aufblasbaren Kissen dargestellt und der Magen hat die Form eines Wassertanks angenommen, während der Leber ein Kompostbehälter zugedacht wurde. Der lange Darm liegt in Form eines Spiralschlauchs am Boden, während zwei weitere Schläuche als Speise- und Luftröhren, den Organismus mit der Oberfläche verbinden. Entstanden ist die Idee zu der überdimensionalen Skulptur durch eine anatomische Lernpuppe der eigenen Tochter, die über einen Reißverschluss den Blick auf ihr Inneres ermöglicht. Die recycelten Materialien stammen allesamt von einem Baustoffhof.

Die „Pointing Hand“ der Künstlerin Judith Hopf. Foto: Eppinger

Menschliche Bezüge haben auch die beiden Skulpturen der deutschen Künstlerin Judith Hopf. Ihre knallrote Riesenzunge fällt aus einer Stahlplatte auf den grünen Rasen. Die Skulptur “Tongue Rolling”, lehnt sich an die Architekturelemente des italienischen Faschismus an, wie diese zum Beispiel im Palazzo della Civiltà in Rom zu finden ist. Sie ermuntert als Organ der Sprache zu einer lebhaften Diskussion über Architektur. Gleich nebenan zeigt ein aus Backsteinen gemauerter Finger in comichafter Ästhetik vom Boden in den Himmel. Geformt wurde er von der Künstlerin trotz seines eckigen industriellen Materials in seiner organischen Form.

Mitten auf der Wiese erhebt sich eine kompakte Bronzeskulptur aus dem Rasen, oder sie versinkt gerade in ihm. Geschaffen wurde sie unter dem Titel “Ärztehaus, Schöffengericht, Atrium” vom Berliner Künstler Peter Wächter. Ursprünglich hatte dieser die Idee, eine Art Badehandtuch als Skulptur auf dem Rasen des Parks auszubreiten. Nun ist daraus eine Figur geworden, die sich unter erschwerten Bedingungen vorwärtsbewegen will und die einen Zwischenstadium zwischen Abstraktion und Figurativem einnimmt. Mit dem Titel spielt Wächter auf die uniformen Skulpturen im öffentlichen Raum an, die Eigenschaften wie Ehrgeiz, Dynamik und Zielstrebigkeit verkörpern.

Ungleich leichter kommen die vier durchsichtigen Kunststoffskulpturen von Olga Balema daher, die scheinen, als hätte sie ein Windhauch gerade auf diese Stelle im Park geweht. Es sind Polycarbonatplatten, die von der in New York lebenden ukrainischen Künstlerin in Handarbeit in Form gebracht worden sind und die nüchternen Namen von “Loop 1A” bis “Loop 34A” tragen. Die thermoplastischen Arbeiten befinden sich in einer stetigen Interaktion mit ihrer Umgebung wie dem wachsenden Rasen oder dem morgendlichen Tau.

Die Stahlskulptur „Within the realm of a dying sun“ von Julian Göthe. Foto: Eppinger

Ein besonderes Lebewesen ist Julian Göthes schwarzer Stahlskulptur “Within the realm of a dying sun”, die ihren Titel einem Album der Band Dead Can Dance verdankt. Trotz ihres scheinbar kalten und starren Materials wirkt sie mit ihren vier Beinen wie ein Insekt, das sich an Dan Grahams ikonisches Lochblech-Labyrinth anzulehnen scheint. Mit ihrem zentralen Durchblick bildet sie auch einen Rahmen für den Blick in den Park.

Etwas verwunschen unter Bäumen steht Paulina Olowskas hölzerner “Pavilionesque Kiosk”, ein kleiner von einer Schlange umwundenen Pavillon, der auf einem riesigen Hühnerbein thront. Der kleine Kiosk, der in seinem Inneren, die von der polnischen Künstlerin herausgegebene Zeitung “Pavilionesque” für die Besucher bereithält, ist wie eine Theaterbühne mit einem Vorhang gestaltet und erinnert an eine Schwarzwälder Kuckucksuhr.

Zu den insgesamt neun neuen Skulpturen gehört auch die “Earth Wall” der US-Künstlerin Frances Scholz, die in Köln lebt und arbeitet. Auf der Monitorwand werden Filmaufnahmen präsentiert, welche Scholz in Connecticut gemacht hat. Sie zeigen in einem Steinbruch entwurzelte Bäume, die tot zu sein scheinen, an deren offen liegenden Wurzeln aber neue Biotope entstanden sind. Durch KI wurden die Aufnahmen künstlich ergänzt und imaginiert.

„Sitting with my Breath“ von Georgia Sagri. Foto: Eppinger

Eine besondere Sitzgelegenheit bieten die Parkbänke der griechischen Künstlerin Georgia Sagri, die den vielversprechenden Titel “Sitting with my Breath” tragen. Der Atem der Künstlerin wurde mittels von filigranen Glasskulpturen in die Bänke integriert, wo er förmlich zu schweben scheint.

Service: Die von der früheren Direktorin des Kölnischen Kunstvereins, Nikola Dietrich, kuratierte Ausstellung “KölnSkulptur #11” ist unter dem Titel “Body Manoeuvres” im Skulpturenpark Köln an der Riehler Straße (unweit der Zoobrücke) zu sehen. Die Schau hat täglich von 10.30 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.