Das Pressefoto zeigt die Grugahalle der Messe Essen im Morgenlicht auf dem Messegelände in Essen. | Foto: Rainer Schimm / Messe Essen

Köln | Am 29. und 30. Juni 2024 trifft sich die Partei Alternative für Deutschland (AfD) zu ihrem Bundesparteitag in der Essener Grugahalle. Es werden rund 600 Delegierte erwartet, die unter anderem den Bundesvorstand wählen werden. Ein breites Bündnis kündigt friedlichen und kreativen Widerstand sowie zivilen Ungehorsam gegen den AfD-Bundesparteitag an und stellt klar: „Wir überlassen Essen und das Land nicht der AfD“.

Gerichtliche Auseinandersetzung vor dem AfD-Parteitag

Die Messe Essen vermietet die Grugahalle an die AfD zur Durchführung ihres Bundesparteitages. Anfang Juni 2024 kündigte die Messegesellschaft den Mietvertrag. Die AfD hatte eine Passage, die nach Unterzeichnung des Vertrages, eingeführt hätte werden sollen nicht akzeptiert. In dieser Passage sollte sich die AfD dazu verpflichten zu verhindern, dass es auf ihrem Parteitag zu verfassungsfeindlichen Parolen komme. Die rechte Partei akzeptierte dies nicht und klagte vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Das Gericht entschied pro AfD. Die Stadt Essen akzeptierte den Richterspruch und damit kann der Parteitag der AfD am 29. und 30. Juni 2024 stattfinden. Diese Entscheidung der Stadt Essen, so deren CDU-Oberbürgermeister Thomas Kufen, sei mit allen Ratsfraktionen abgestimmt. Nur die AfD Ratsfraktion wurde nicht eingebunden.

Ein Parteitag mitten in der EM-Zeit

Nun mag man zum Fußball und Events wie der UEFA Euro 2024 stehen wie man will, aber einiges dürfte unstrittig sein. Events wie die Europameisterschaft ziehen das internationale Interesse auf das Land und fokussieren auf Deutschland. Mitten in dieser Zeit einen Parteitag zu veranstalten kann in viele Perspektiven interpretiert werden, aber auch Kalkül sein. Dass der Parteitag der AfD, wie alle Bundesparteitage zuvor, nicht geräuschlos ablaufen werde, dürfte den AfD Strategen wohl bewusst gewesen sein. Diejenigen, die gegen die AfD protestieren wollen, denen ist das klar. Denn sie thematisieren diese Problematik und wollen das Bild einer wehrhaften Demokratie zeichnen.

Proteste monatelang vorbereitet

Ehrenamtlich seien die Proteste monatelang vorbereitet worden, so Linda Kastrup von „gemeinsam laut“ und Banner gemalt worden. Die AfD sei in Essen, Deutschland und Europa nicht willkommen, fasst Kastrup zusammen und die Demokratie sei wehrhaft. Dies wolle der Widerstand der schweigenden Mehrheit bei den Protestaktionen rund um die Grugahalle zeigen.

Das ist an Protesten geplant

Die Polizei Essen habe angekündigt die Grugahalle weiträumig abzuriegeln. Die Demonstrierenden wollen sich rund um die Grugahalle begeben, um zu verhindern, dass Delegierte der AfD diese betreten können. Der Protest sei friedlich und kreativ. So wollen die Gruppen sich etwa im öffentlichen Raum zusammenfinden und gemeinsam singen. Die Organisatoren sehen sich in der Tradition des zivilen Ungehorsams wie Ghandi oder Mandela sowie die Proteste gegen die Kernenergie. Wie viele Menschen die Organisatoren erwarten, lassen sie offen. Sie grenzen sich allerdings von Aufrufen zu gewaltsamen Protestaktionen deutlich ab. Alassa Mfouapon, Bundessprecher Freundeskreis Flüchtlingssolidarität und Bündnissprecher Widersetzen, sorgt sich vor den eingesetzten Polizeibeamten, dass diese gezielt Geflüchtete angreifen, die sich an den Protesten gegen die AfD beteiligen. Er machte deutlich, dass die Geflüchteten, die sich an dem Protest beteiligen werden nicht gewalttätig sein werden.

Das Ziel, so die Website „widersetzen.com“ sei es den Delegierten der AfD die Anreise so unbequem wie möglich zu machen. Wörtlich heißt es zu den Delegierten: „Sie sollen wissen, dass sie in Essen nicht willkommen sind. Denn wir werden nicht zulassen, dass sie in Essen weiter an der Faschisierung der Gesellschaft arbeiten.“

Die Gründung

„widersetzen“ wurde von 170 Einzelpersonen und Vertreter:innen von Organisationen und Initiativen am 25. April 2024 gegründet. Zur Gründung verabschiedeten die Gründer:innen eine Resolution: „Der Provokation der AfD ihren Bundesparteitag ausgerechnet im Ruhrgebiet mit 200 Jahren Geschichte von Migration abzuhalten, widersetzen wir uns. Die AfD ist eine von Faschisten geführte Partei, die Millionen von Mitbürger:innen deportieren will und einen antidemokratischen Umsturz plant.
Wir stehen an der Seite von Millionen Menschen, die in den letzten Monaten gegen die Deportationspläne der AfD auf die Straße gegangen sind. Wir sagen aber auch: Wenn wir der AfD nicht aktiv den Raum nehmen, den sie sich nehmen will, werden wir die Ausbreitung des Faschismus nicht verhindern. Wir wollen klar machen, dass es unsere Räume sind: Räume der Demokratie, der Vielfalt und der Menschlichkeit. Dabei agieren wir auch mit Mitteln des zivilen Ungehorsams, bei denen alle mitmachen können. Von uns geht dabei keine Gewalt und keine Eskalation aus. Wir sind solidarisch und fürsorglich miteinander. Wir wünschen uns: „bunten“ zivilen Ungehorsam – bunt auch im Kleidungsbild, fröhliche Aktionen – bringt Musikinstrumente und geeignete Spiele mit. Seid kreativ. Wir widersetzen uns.“

Im Ruhrgebiet liegt der Anteil der Menschen mit Migrationsgeschichte bei rund 40 Prozent. Die migrantische Vernetzung innerhalb von „widersetzen“ spricht daher von einem Angriff der AfD auf diese Menschen, was einher geht mit der Setzung und Bedeutung des Wortes „Remigration“. So heißt es zu diesen „Remigrations“-Plänen der AfD: „Die Deportation von uns – Millionen Menschen, die hier leben, von unseren Schwestern und Brüdern, unseren Eltern, Großeltern, unseren Freundinnen und Freunden. Die Menschen mit Migrationsgeschichte und ihr Appell zum AfD Bundesparteitag 2024: „Lasst uns gemeinsam auf die Straße gehen. Macht Busse voll mit euren Kindern bis Großeltern, Tante, Onkel, Nachbarn, Freund*innen und Kolleg*innen, bucht eigene Busse, kommt nach Essen und schließt euch dem Protest gegen die rassistische AfD an! Alle zusammen, Schulter an Schulter gegen ein zweites Nazi-Deutschland, für ein Zuhause in Sicherheit und Menschenwürde!“ Alassa Mfouapon machte deutlich, dass die rechtsextreme Hetze gegen Migrant:innen von diesen nicht mehr ausgehalten werden könne.

Solidarität als Gegenentwurf

Katharina Schwabedissen, Bündnissprecherin Widersetzen und ver.di Gewerkschaftssekretärin, machte überdeutlich, um was es den Bündnissen „Gemeinsam Laut“ und „widersetzen“ gehe: Um eine friedliche und solidarische Gesellschaft. Solidarität sei der Gegenentwurf zum Hass und der Hetze sowie den vergifteten Plänen der AfD.

Mehr Informationen finden sich auf der Website widersetzen.com. Dort findet sich für Kölner:innen Ansprechpartner. Das sind unter anderem die Studis gegen Rechts/Studis for Future.

Die Polizei in Essen will morgen Mittag zu ihren Planungen rund um den AfD Bundesparteitag in Essen informieren.